Gemeingut Produktionsstätte

Fachforen und Workshops: Kurt Wilhelmi – Omnibus für Direkte Demokratie / Samstag 10:30 bis 12:30

In diesem Workshop wird der Versuch gemacht, den Begriff des Bodens so zu entwickeln, dass er als Grundlage dienen kann für ein jetzt anstehendes gesellschaftliches Projekt: für die Gestaltung einer sozialen und ökologischen Wirtschaftswende. Hier einige erste Schritte:

Sofort wenn wir geboren werden, kommen wir mit dem Boden der Erde in Berührung. Auf diesem Boden entwickeln wir uns, als Kinder zunächst spielend. Aus diesem Spiel wird im Laufe der Zeit die Arbeit. In der Arbeit entwickeln wir uns und die Welt weiter. Ich bin überzeugt davon: die Arbeit gehört zum Menschen wie das Spiel zum Kind, sie ist der Ausfluss eines innersten Bedürfnisses.

Auf welchem Boden vollzieht sich diese Arbeit heute? Früher, in der mittelalterlichen Tauschwirtschaft waren es die einzelnen Haushalte, in denen die Menschen unmittelbar gelebt haben, der Haushalt des Schmiedes, der Haushalt der Landwirtschaftsfamilie, des Müllers/der Müllerin. Das waren gewissermaßen ganz natürliche Böden, auf denen die Menschen gelebt und gearbeitet haben.

Mit der Entwicklung der modernen Arbeitsteiligkeit geschah dann etwas Erstaunliches: die Menschen verließen für die Arbeit ihre Haushalte und strömten zu den Produktionsstätten der neu entstehenden Unternehmen! An diesen Orten fanden sie sich zusammenfinden, um gemeinsam etwas hervorzubringen, wozu sie als Einzelne nie in der Lage wären. Etwas, das in der Welt gebraucht wird, wofür ein Bedarf besteht.

Wenn wir dieses Phänomen der Zusammenarbeit auf diese Weise ganz kindlich und naiv betrachten, werden wir gewahr: mit der Entstehung der arbeitsteiligen Produktionsstätten entsteht Commons! Ein gemeinsamer Arbeitsraum. Um den Ort ihrer Arbeit aufzusuchen, verlassen die Menschen ihren privaten Haushalt und sie treffen und verbinden sich auf dem Commons Produktionsstätte.

Die Produktionsstätten sind also höherentwickelte Naturböden, sie sind gewissermaßen kulturelle Böden, als Grundlagen, die von der aktuellen Kultur erarbeitet und für die Arbeit zur Verfügung gestellt werden.

Und wie schon die Naturböden können sie nicht Eigentum sein, denn Eigentum kann immer nur das werden, was auf ihnen entsteht, was auf ihnen erarbeitet und verkauft wird. Nur solche Arbeits-Erzeugnisse können im Kauf zu privatem Eigentum werden, können dann konsumiert werden. Die Produktionsstätten hingegen nicht, sie sind nicht Orte des Konsums, sie sind Orte der gemeinsamen Produktion. Sie sind die Stätten, wo Menschen ihre individuellen Fähigkeiten für das Ganze einsetzen. Als kulturelle Böden sind sie Kulturgut, Gemeingut im besten Sinn, sie gehören niemand, höchstens sich selbst.

Wie nun kann diese arbeitsteilige Arbeit in den Produktionsstätten stimmigerweise finanziert werden? Wie können die da arbeitenden Menschen ihr Einkommen erzielen? Ist das etwa auch eine Kulturfrage, eine Frage des gesellschaftlichen Miteinanders und Füreinanders, eine Qualität des Commons? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die „Europäische Kreditinitiative“, die in dem Workshop auch besprochen werden kann.