Ein radikal-imaginativer Streifzug entlang grundsätzlicher Theorie und gelebter Praxis.
Der Workshop lädt dazu ein, die im Input am Vortag skizzierten Thesen über räumliches Gemeinschaffen in und für die Stadt & Region zu vertiefen. Für die Erörterung werden Zitate aus Grundlagentexten herangezogen, die wir gemeinsam lesen und in Bezug zu dem Thema ‚Schulen‘ des Wir setzen wollen.
Die bis dato vorgesehenen Textstellen entstammen:
- David Harvey, „Die Erschaffung der urbanen Allmende“, in: Rebellische Städte, edition suhrkamp, 2013
- Silvia Federici, „Der Feminismus und die Politik der Commons“, in: Aufstand aus der Küche. Reproduktionsarbeit im globalen Kapitalismus und die unvollendete feministische Revolution, edition assemblage, 2012
- Starvos Stavrides, „Common Space: Die Stadt als Gemeingut. Eine Einführung“, in Gemeingut Stadt, Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #4, 2017
Die Vorab-Lektüre ist keine Voraussetzung für die Teilnahme. Aber es kann um Zusendung im Zuge der Anmeldung zur Konferenz gebeten werden. Und selbstverständlich können zur Bereicherung unserer Diskussion Zitate von anderen Autor*innen mitgebracht werden.
Das Thema ‚Schulen‘ des Wir, um sich darüber auszutauschen, inwieweit von uns jeweils angewandte Strategien und Taktiken, Methoden und Werkzeuge diese und jene materiellen und immateriellen Parameter des räumlichen Gemeinschaffen beinhalten, und inwiefern sie hervorgehoben und verstärkt werden können:
- Wie wird das Thema Gemeingut Stadt & Region in der gegenwärtigen Politik-, Verwaltungs-, Wirtschafts-, Forschungs-, Bildungs- und Kulturlandschaft verhandelt?
- Welche materiellen und immateriellen Parameter lassen sich in den uns bekannten, von räumlicher Teilhabe und Gemeinwohl geprägten Prozessen identifizieren?
- Und wie können die entsprechenden Werte und Prinzipien des räumlichen Gemeinschaffen zu Grundsätzen in den uns bekannten Institutionen und Orten werden?
- Davon ausgehend, welche ‚Curricula‘ für ein Planen und Bauen des Wir lassen sich imaginieren
- Welche Art und Weise der Organisation, Entwicklung und Gestaltung schlagen wir vor, um die uns bekannten Institutionen und Orte als Gemeingüter in und für die Stadt & Region zu formen?
- Oder lassen sich diese nicht umformen, müssen wir solche Institutionen und Orte erfinden und von dort aus in und für das Gemeingut Stadt & Region wirken?
Unsere Diskussion dieser und weiterer Fragen kann sich auf ‚Schulen‘ des Wir hinsichtlich des ‚konkreten‘ Planen und Bauen beziehen, sich aber ebenso gut an einem Fühlen, Denken und Handeln des ‚unsichtbaren‘ räumlichen Gemeinschaffen orientieren. Ob so oder so, unsere Blicke sollten sich über universitäre Felder hinweg auf nicht-akademische Akteure*innen, Programme und Lokalitäten richten. Großartig wäre zudem, wenn es gelänge, die einen oder anderen Erkenntnisse zu dokumentieren, sei es per Text- und/oder Bildskizzen oder plastisch-improvisiert.
Oder, in anderen Worten: Willkommen zu einem gemeinsamen Durchmessen und Umherschweifen entlang grundsätzlicher Texte und gelebter Praxis, um von hier aus die nächsten radikal-imaginativen, permanent schwellenhaften und Neue stets einladenden Schritte in und für die Stadt & Region als Gemeingut zu gehen.
Gemeinsame Verantwortung für unseren Boden -
Deutschlandweit wächst die Bewegung für Direkte Demokratie. In Gemeinden, Städten und auf Landesebene werden die Menschen aktiv und wollen selbst über den Boden, das Land auf dem sie leben, entscheiden. Allein in den letzten beiden Jahren gab es in verschiedenen Bundesländern Initiativen „zum Schutz des Wassers“ (vor Fracking), zum „Erhalt der Artenvielfalt“ und „gegen Massentierhaltung“, für die Stadtgestaltung in Berlin, Tempelhofer Feld, Bremen und Hamburg.
Das bekannteste Volksbegehren in diesem Jahr ist das Volksbegehren Artenvielfalt in Bayern. Mit Wenigen fing es 2018 an. Im Februar 2019 trugen sich 1.745.383 innerhalb von 14 Tagen in ihren Rathäusern für das Volksbegehren ein.
Daran sieht man, was bereits alles passiert und möglich ist wenn wir unsere Verantwortung gegenüber unserer Erde, uns selbst und künftiger Generationen wahrnehmen. Wir müssen nicht warten, dass sich etwas ändert, wir können es selber tun. Dazu besteht in der Volksabstimmung als dreistufiger Prozess von Volksinitiative über Volksbegehren hin zum Entscheid ein stimmiges Werkzeug. Eine Gruppe von Menschen ergreift die Initiative für eine politische Idee und macht der Gesellschaft ein Angebot für die zukünftige Ausrichtung des Gemeinwesens. In diesem Workshop werden wir von diesen Initiativen und der Praxis eine Initiative zu gründen und durchzuführen berichten
Geht es nach den geläufigen ökonomischen Theorien, ist Privateigentum an Grund und Boden das Non plus ultra. Es lässt sich leicht zeigen, dass dies falsch ist. Eine Alternative zum Volleigentum an Immobilien sind (kommunale) Erbbaurechte. Bei kommunalen Erbbaurechten wird das Eigentum am Grundstück (in der Hand der Kommune) und am Gebäude (in der Hand eines privaten Akteurs) aufgesplittet. Der Gebäudeeigentümer zahlt an den Grundstückseigentümer für die Überlassung des Grundstücks eine „Pacht“. Mit Erbbaurechten lässt sich gegenüber dem Volleigentum an Immobilien ein Tauschgewinn und damit ein Mehrwert erzeugen. Wie kann dies sein? Bei Investitionen sind immer Rendite und Risiko zu beachten. Im Rahmen von Erbbaurechten werden nun Risiken vom Grundstückseigentümer auf den Gebäudeeigentümer verschoben. Damit gehen auch Verschiebungen in den Renditeforderungen einher, anhand derer die Zahlungsströme der Akteure bewertet (abdiskontiert) werden. Es entstehen auf diese Weise Bewertungsgewinne, die umso größer sind, je stärker die Risikoverlagerung und je höher das Bodenpreisniveau sind. Gerade in teuren Lagen könnte somit das Erbbaurecht genutzt werden, um den Tauschgewinn den Mietern zukommen zu lassen und so bezahlbares Wohnen zu ermöglichen. Leider werden Erbbaurechte von den Kommunen jedoch regelmäßig in einer Weise angewendet, die vollkommen ungeeignet ist, um deren Potenziale für bezahlbares Wohnen nutzbar zu machen. Zudem mangelt es den meisten Kommunen an verfügbaren Grundstücken, auf denen Erbbaurechte vergeben werden können. „Ein anderer Umgang mit Grund und Boden“ ist eine Zielsetzung nicht nur der Stiftung trias. Kann Grund und Boden ist „Gemeingut“. Seine Nutzung kann nicht dem zufallen, der den höchsten Preis bezahlt. Kann diese Frage eine neue Basis für eine breitere politische Mitbestimmung werden? Wer diese Forderung nicht nur politisch oder philosophisch erhebt, sondern in praktisches Handeln umsetzen möchte, sucht Instrumente. Den Boden einer Stiftung zu übereignen ist bodenpolitisch noch nicht das Optimum aber ein sehr guter Zwischenschritt. Wer ist Eigentümer und entscheidet über die Nutzung? Wem fließt die „Bodenrente“ zu? Was kann über den Erbbaurechtsvertrag noch an kommunaler, sozialer oder ökologischer Zielsetzung erreicht werden kann? Die Stiftung trias, 2002 gegründet, arbeitet inzwischen mi 40 Projekten über Erbbaurechtsverträge zusammen. 17 Jahre haben einiges an Lernerfahrung zusammenkommen lassen. Diese Praxiserfahrung ist inzwischen Forschungsgrundlage für Universitäten und Anregung für kommunales Handeln. Von der Bodenphilosophie über die praktische Arbeit kann der Workshop im besten Fall auch ein Blick in eine gemeinwohlorientierte Ökonomie wagen – hoffentlich aber einen anregenden Austausch zu diesem spannenden Thema.
In diesem Workshop werden praktische Beispiele besprochen, in denen landwirtschaftlicher Boden als Commons gestaltet wird. Dabei wird zum einen die Idee des Wertes von Land und zum anderen Landeigentum als Bündel aus Rechten und Pflichten besprochen und gezeigt, welche Perspektiven in Richtung Commoning weisen können. Seit 50 Jahren existieren Höfe die beispielhaft den Grund und Boden aus dem Privateigentum auf einen gemeinnützigen Träger übertragen haben. Höfe eines neuen Typs sind entstanden: Vielfältige, multifunktionale Höfe. Im Kräftedreieck von Eigentumsgemeinschaft, Betriebsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft (Solawi) entstehen dabei faszinierende, soziale und wirtschaftliche Dynamiken. Dabei könnte der Gegensatz des marktwirtschaftlichen Rahmens, der sich im „Verkehrswert des Bodens“ wiederspiegelt, mit der landwirtschaftlichen Realität dieser Höfe, der sich im „Ertragswert“ des Bodens ausdrückt kaum größer sein. Die Frage wie ist Boden ein Gemeingut? - ist damit nicht abschließend zu beantworten. Vielmehr leben auf den Höfen eine Vielzahl an Lebensentwürfen und Modellen, die unterschiedlich mit den Rechten und Pflichten des Eigentums umgehen. Diese gilt es zu verstehen und Brücken zu schlagen, damit individuelle und gesamtgesellschaftliche Lösungen entwickelt werden können. Diesen wollen wir nachgehen.
Wir beobachten seit einigen Jahren, dass viele Bauherren grundsätzlich hinterfragen, wie sie wohnen wollen. An Projektbeispielen aus dem Büro “bogevischs buero münchen“ wird beleuchtet, dass partizipative Planungsprozesse zu neuen Lösungen führen können. Im Workshop sollen die individuellen Wohnvorstellungen der Teilnehmer ausgelotet und zu einem fiktiven gemeinschaftlichen Wohnprojekt zusammengeführt werden.
In diesem Workshop wird der Versuch gemacht, den Begriff des Bodens so zu entwickeln, dass er als Grundlage dienen kann für ein jetzt anstehendes gesellschaftliches Projekt: für die Gestaltung einer sozialen und ökologischen Wirtschaftswende. Hier einige erste Schritte: Sofort wenn wir geboren werden, kommen wir mit dem Boden der Erde in Berührung. Auf diesem Boden entwickeln wir uns, als Kinder zunächst spielend. Aus diesem Spiel wird im Laufe der Zeit die Arbeit. In der Arbeit entwickeln wir uns und die Welt weiter. Ich bin überzeugt davon: die Arbeit gehört zum Menschen wie das Spiel zum Kind, sie ist der Ausfluss eines innersten Bedürfnisses. Auf welchem Boden vollzieht sich diese Arbeit heute? Früher, in der mittelalterlichen Tauschwirtschaft waren es die einzelnen Haushalte, in denen die Menschen unmittelbar gelebt haben, der Haushalt des Schmiedes, der Haushalt der Landwirtschaftsfamilie, des Müllers/der Müllerin. Das waren gewissermaßen ganz natürliche Böden, auf denen die Menschen gelebt und gearbeitet haben. Mit der Entwicklung der modernen Arbeitsteiligkeit geschah dann etwas Erstaunliches: die Menschen verließen für die Arbeit ihre Haushalte und strömten zu den Produktionsstätten der neu entstehenden Unternehmen! An diesen Orten fanden sie sich zusammenfinden, um gemeinsam etwas hervorzubringen, wozu sie als Einzelne nie in der Lage wären. Etwas, das in der Welt gebraucht wird, wofür ein Bedarf besteht. Wenn wir dieses Phänomen der Zusammenarbeit auf diese Weise ganz kindlich und naiv betrachten, werden wir gewahr: mit der Entstehung der arbeitsteiligen Produktionsstätten entsteht Commons! Ein gemeinsamer Arbeitsraum. Um den Ort ihrer Arbeit aufzusuchen, verlassen die Menschen ihren privaten Haushalt und sie treffen und verbinden sich auf dem Commons Produktionsstätte. Die Produktionsstätten sind also höherentwickelte Naturböden, sie sind gewissermaßen kulturelle Böden, als Grundlagen, die von der aktuellen Kultur erarbeitet und für die Arbeit zur Verfügung gestellt werden. Und wie schon die Naturböden können sie nicht Eigentum sein, denn Eigentum kann immer nur das werden, was auf ihnen entsteht, was auf ihnen erarbeitet und verkauft wird. Nur solche Arbeits-Erzeugnisse können im Kauf zu privatem Eigentum werden, können dann konsumiert werden. Die Produktionsstätten hingegen nicht, sie sind nicht Orte des Konsums, sie sind Orte der gemeinsamen Produktion. Sie sind die Stätten, wo Menschen ihre individuellen Fähigkeiten für das Ganze einsetzen. Als kulturelle Böden sind sie Kulturgut, Gemeingut im besten Sinn, sie gehören niemand, höchstens sich selbst. Wie nun kann diese arbeitsteilige Arbeit in den Produktionsstätten stimmigerweise finanziert werden? Wie können die da arbeitenden Menschen ihr Einkommen erzielen? Ist das etwa auch eine Kulturfrage, eine Frage des gesellschaftlichen Miteinanders und Füreinanders, eine Qualität des Commons? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die „Europäische Kreditinitiative“, die in dem Workshop auch besprochen werden kann.
Nur drei große multinationale Konzerne kontrollieren inzwischen 60 % des Saatgut- und 70% des Pestizid-Marktes. Der freie Zugang zu Saatgut und Sorten wird durch zunehmende private Eigentumsrechte wie Sortenschutz und Patente und bio-technologische Züchtungsmethoden immer weiter eingeschränkt, gleichzeitig schwindet die Vielfalt auf dem Feld und Teller aufgrund der Konzentration von Züchtung auf einheitliche, hoch-produktive Sorten für eine industrielle Landwirtschaft.
Doch was tun? Ob Saatguttauschnetzwerke, partizipative Züchtungsinitiativen oder Saatguterhaltungsinitiativen, Saatgut-Initiativen im Globalen Süden und Norden beziehen oft Commons-Ansätze in ihre Arbeit mit ein und zeigen so einen ‚dritten‘ Weg abseits von Privatisierung und staatlichen Ansätzen auf.
Mit Bezug auf das Forschungsprojekt RightSeeds, gehen wir in diesem Workshop den Seed-Commons auf den Grund. Wie betreffen uns diese Entwicklungen hier im Globalen Norden? Was macht Saatgut und Sorten eigentlich zu einem Commons und wie unterscheidet sich das von traditionellen Gemeingüter-Ansätzen? Was sind damit verbundene Chancen und Herausforderungen?
Boden als Gemeingut gibt es in Deutschland eigentumsrechtlich eigentlich nicht. Boden wird zivilrechtlich durch Eigentum immer einer bestimmten Person zugeordnet, mit dem Recht mit ihm nach Belieben im Rahmen der Gesetze verfahren und andere von der Nutzung auszuschließen. Boden ist also nicht der Rechtsform nach Gemeingut, sondern Menschen können mit ihm so umgehen, als wäre er es.
Die Gemeingut- oder Commonsliteratur beschäftigt sich damit, wie ein Gut Gemeingut wird. Ganz vieles kann Gemeingut werden: Wissen z.B. durch Wikepedia, ein städtischer Grünstreifen z.B. durch „urban gardening“ oder auch der Boden oder ein ganzer Hof. Allgemein gesprochen braucht es: eine Ressource, die Menschen gemeinsam nutzen wollen oder müssen, und selbstgeschaffene Regeln nach denen sie dies tun wollen.
Wenn Commons dadurch entstehen, dass Menschen gemeinsam eine Ressource nach selbst ausgehandelten Regeln nutzen, dann ist Commoning der Prozess, die Dynamik dieses Vorganges, an dessen Ende ein Gemeingut entstanden ist. Commoning ist der Prozess der Institutionalisierung der Gemeingüter durch Regelfindung.
Welche Regeln, welches Recht müssen wir erfinden, um (Boden-)Commons in Deutschland zu etablieren? Damit beschäftigt sich der Workshop.
Land und Territorien werden immer mehr zu Spekulationsobjekten internationaler Konzerne und der Finanzindustrie. Am Beispiel von Paraguay und anderen Ländern zeigen Regine Kretschmer und Roman Herre,wie ländliche Gemeinden bis heute gemeinschaftliches Land und Territorien organisieren, in welchen Kämpfen um diese Nutzung sie stehen und was das Ganze mit uns in Deutschland zu tun hat.
Community Land Trusts sind ein gemeinschaftliches, nicht gewinnorientiertes Eigentumsmodell, mit dem Boden der Spekulation entzogen wird, um diesen dauerhaft für günstigen Wohnraum, aber auch für andere soziale, kulturelle oder gewerbliche Nutzungen zur Verfügung zu stellen. Der Workshop gibt einen Überblick über Geschichte und Struktur der CLTs und stellt beispielhaft internationale Projekte sowie die in Gründung befindliche Stadtbodenstiftung in Berlin vor.